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Monlevade, den 6. August 1954

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Lebe Elli! Liebe Bomi! Lieber Roby!

Deinen Brief Nr. 13 vom 13. Juni habe ich heute erhalten und derselbe hat mir viel, viel Freude bereitet. Glaube nur ja nicht, dass ich neidisch werde, wenn Besuch sich einfindet oder über ein sonstiges harmloses Vergnügen, im Gegenteil. Diese Besuche warmen auf, denn es wäre verkehrt, traurig die Tage verstreichen zu lassen, nur weil ich im anderen Kontinent vegetiere. Ausserdem freut es mich riesig, dass auch nach meiner Abwesenheit alle Familie und Bekannte diese Anhänglichkeit an den Tag legen und ich werde dies nie vergessen.

Gestern ist Herr Konsbruck wieder von Monlevade abgeflogen. Herr Konsbruck und Herr Scharlé nahmen alle Ausführungen über unsere Pläne für das Walzwerk mit sichtlicher Zufriedenheit auf. Am Tage drauf fand ein gemütliches Zusammensein im Casino statt, wo neben den Herren der Werksleitung alle Luxemburger teilnahmen ca 87- 100 kann hoch. Dauer von 19:00 - 21:00 Uhr. Im Anschluss Abendessen in der Fazenda. Anwesend Herr Scharlé, Herr Konsbruck und HH Pinto, Pauli und Mario als Brasilianer dann H H Loutsch, Kremer, Engel, Meyers und meine Wenigkeit. Gegen 12:45 wurde die Sitzung aufgehoben. In einem vorhergehenden Schreiben hatte ich ein Fest in Siderurgika erwähnt. 20 jährige Dienstfeier von Herrn Parera[Pereira] Direktor von Siderurgika doch hier nahmen weder Herr Scharlé noch Herr Konsbruck teil. Es waren dort 160 Männlein und Weiblein, welche eingeladen waren um das Jubiläum zu feiern, doch

die Zeit der grossen Feste von Herrn L. E. [Louis Ensch] hier in Brasilien sind vorbei. Hierüber später mündlich. Das schönste dieser Feier war, dass jeder Eingeladene sein Essen selbst bezahlen musste. So etwas hat es doch noch nicht gegeben.

Liebe Elly! Du siehst dass hier auf allen Gebieten sehr viel geboten wird. Das schlimmste für mich ist ein Werk, welches produzieren soll und keine Kraft hat. Noch keine vier Tage in der Woche wird gewalzt. Mit dem Kühlwasser für die Walzen ist es besser geworden und mit den Strom 4000 KW von der Acesita ist es auch schon besser geworden. Leider hat dieser Strom 60 Perioden und das Werk Monlevade arbeitet mit einer Einrichtung von 50 Perioden, es ist rein [...] Ko. Doch weshalb Kritik üben. Solch ein Werk mitten in Minas einstellen, das ist eine ganz grosse Leistung gewesen und es liegt an uns, noch so manches zu schaffen, damit am Tage der Abreise keiner sagen kann, wir hätten den nicht gebraucht. Die Zeit wird hier nach einem anderen Masstab gemessen. Wenn Du liebe Elly nach einem Jahr mit der kleinen Familie nach hier kommst, so reicht es noch dicke um mir zu helfen, denn das was ich bis jetzt gezeigt habe, das war nur Planung, aber Planung ist [...],wenn das dicke Ende nicht folgt! Hier in Brasilien geht eine grosse Strömung durch das Land. Die Politik ist am Werk. Vargas hat einen minimalen Lohn von 2000 Cr. versprochen. Man sagt Wahlpropaganda und ich sage der Mann hat Recht. Die Folgen sind: 1) Was von der Regierung dekretiert, das soll auch durchgeführt werden, 2) Wie kann ich am billigsten über diesen Punkt hinwegkommen?

Herr Scharlé versucht es mit Aufgabe des Prämiensystems.

Diese Massnahme wird zur Folge haben, dass die Leistung

Im Walzwerk zurückgeht. Ich habe Herrn Scharlé vor versammelter Mannschaft mitgeteilt, dass diese Massnahme bei der Arbed nie ergriffen würde. Ab 15 August ist im Staate Minas General-Streik ausgesagt. Wir wollen sehen, wo der Kampf noch endet. Du siehst also, dass neben ehrlichem Arbeiten auch noch andere Sorgen vor der Haustüre stehen, doch dies alles berührt mich wenig. Im Endeffekt wird doch die Ehrlichkeit siegen. Leben und leben lassen war noch immer meine Parole und wenn die Gesellschaft hier in Brasilien so scharfe Konkurrenz zu überwinden hätten, wie dies bei uns zu Hause der Fall ist, dann müssten Sie die Hose ausziehen und fortlaufen. Edelstahle wollen Sie walzen, dabei bringen Sie noch kein anständiges Moniereisen fertig. Vor genau 27 Jahren war dies an der F[...] n 4 auch der Fall. Damals lag es jedoch nicht an den Leuten, denn diese konnten ø walzen. Es lag an der Einrichtung (Schöpf) etc. Hier liegt es nicht an der Einrichtung, sondern auch an den Leuten. Mit viel Geduld und Zigaretten wird es auch hier noch gemeistert, doch der Weg ist weit.

Nun Schluss mit der Walzerei. Herr Frisch hat auch frisch hinein gegriffen und ich sage mir immer, wenn es so einfach gewesen wäre, dann hätten die Herrschaften mich nicht gebraucht. Ich kann da nur die Herren Assistenten bewundern, welche mit so viel Mut und Ausdauer schon Jahrelang den Käse rollen. Hoffentlich bringen wir denselben auch einmal zum Bahnhof. Schluss!

Roby ist nach Cannes. Ich wünsch unserem Buben viel Freude und Erholung. Roby hat mir viel Freude gemacht und am Vorabend meines Telegrammes, da war ich noch einmal richtig jung.

Auch Dir liebe Elly wünsche ich eine recht schöne Erholung bei Onkel und Tante in Brüssel. Gute Fahrt und Weg mit den Grillen(?) und Sorgen.

Herr Dumont wird demnächst nach Europa fahren nach 3 Jahren und 7 Monaten Dienst. Er wird in Hostenbach vorbei kommen und erzählen. Das einzige was ich wünsche, dass er als Belastung mitbringt, das ist ein Gummi-strumpf, da ich jetzt dauernd mit so einem Ding herumlaufe. Auch Herrn Reimen ein alter Unionist kommt vorbei und wird erzählen. Alles Kollonisten, welche grosse Sorgen haben für die Zukunft, da hier in Brasilien keine Pension besteht. Diese Sorgen haben wir nicht, denn nach 6 Jahren ist hier meine Mission erledigt. Bis dahin muss ich das geschafft haben, was ich heute vor mir sehe. Alles andere überlasse ich der Jugend.

Ich füge eine Karte des Monlevader Casinos bei. Hier sorgt man für mich und ist auch besorgt um mich. Familie Engel wird demnächst das gastliche Haus verlassen und es wird etwas einsamer werden.

Doch auch ich werde unser Heim vorbereiten. Die erste Bestellung wird ein brasilianisches Schlafzimmer werden mit unseren Matratzen. Hierzu benötige ich die Masse für die Betten. Liebe Elly! Bitte gib mir diese Angaben und ich werde die erste Bestellung für unser Heim aufgeben, doch dieses Heim ist auf der Ansicht von Monlevade nicht zu sehen. Es ist eine herrliche Ecke mit Piscine und Tennisplätzen, welche leider stark dem Staub der Sinteranlage ausgesetzt ist.

Viele Küsse von deinem Bub!

Gruss und Kuss für Bomi und Roby

 

Emile