Currently playing
Resume film

Monlevade, den 23. September 1954

4

Liebe Elly ! Lieve Bomi! Lieber Roby!

Recht herzlichen Dank für Brief Nr 20. Am 21 September war hier Frühlings-Anfang. Wenn Ihr dies führt, so denkt Ihr, wie kommt so ein Schreibfehler, wir haben doch Herbst. Zu Hause ja, doch hier begann der Frühling. Noch immer kein Tropfen Regen. Draussen ist es drückend warm. Der ganze Himmel voll Nebel oder Rauch. Am Morgen steht die Sonne als dunkelrote Scheibe am Himmel die Luft ist zum schneiden und dieser Zustand verschlimmert sich, bis es zum ersten Regen kommt, doch wann?

Liebe Elly! deine Karte von Bruges habe ich bekommen. Hoffentlich haben diese Tage Dir etwas Entspannung gebracht. Die Fahrt am belgischen Strand habe ich mit Roby vor zwei Jahren gemacht. Damals konntest Du nicht bei uns sein. Belgien ist ein reiches Land und dies fällt besonders bei dieser Fahrt auf. Ich erinnere mich heute noch, dass die Eindrücke besonders in Albert-Plage so stark waren, dass ich mich geärgert habe.

Was deine Mitteilung betrifft über Schreiben als Antwort an Tante Cleo und Onkel Hubert, so habe ich diesen Brief sofort nachdem ich wieder laufen konnte, aufgegeben. Ich hatte leider Pech, da ich annham, dieser Brief würde in Brüssel noch während Deiner Anwesenheit daselbst eintreffen. Dies scheint leider nicht der Fall gewesen zu sein, was ich sehr bedauere.

Die erste Anschaffung für unser hieriges(?) Wigwam(?) habe ich getätigt und zwar ein geräumiger Eisschrank.

Elektrisch, da hier kein Gas ist. Das Mitschleppen eines Eisschrankes fällt fort und eine Umänderung ist auch nicht notwendig. Nächsten Monat bestelle ich Schlafzimmer doppelt d.h. mit zwei Betten und Esszimmer. Herstellung in der Schreinerei in Sabara-Siderurgica.

Unser zukünftiges Heim wird im Januar wahrscheinlich frei werden, da Herr Paulo de Gonzaga, Brasilianer und Superintendent (Direktor) nach Belo zur Zentral-Verwaltung beordert ist. Paulo ist von Beruf Bauingenieur und einer der einflussreichsten Brasilianer hier in Monlevade. Die Abberufung scheint eine Entscheidung von Luxemburg zu sein. Hier hinter die Gardinen zu sehen, das kann man, doch nicht zu Papier bringen, was man denkt. Nach dem Tode von Louis Ensch, gab es doch allerhand Wechsel und hierbei auch manche Differenzen. Diese Lösung mit noch anderen scheint den Zweck zu haben, das Heft in der gewünschten Hand festzuhalten. Mündlich später mehr darüber.

Herr und Frau Gonzaga sind mir gegenüber sehr freundlich. Auch mit den anderen Herrschaften verstehe ich mich sehr gut, doch dies will nichts heissen. Dieses Land und seine Leute lernt man nie kennen, auch wenn man Jahre hier ansässig ist, so bleiben wir immer “Gringos”. Karl May hat er über so viel geschrieben, dass ich keine weiteren Aufklärungen zu geben brauch.

Nun was das Auto betrifft! meine Absicht war, dass Du einen Wagen mitbringst, welcher uns hier Dienste leisten würde und welchen wir später hier verkaufen könnten.

Wenn jemand nachweisen kann, dass ein Wagen 6 Monate persönliches Eigentum war, so konnte man denselben bei Erledigung verschiedener Formalitäten mitbringen.

Die Wagen sind hier unheimlich teuer.

In Brasilien ist es jedoch so wechselseitig mit allen Vorschriften, dass die grosse Gefahr besteht, bei der Einfuhr dieses Wagens eine Einfuhrlizenz vorliegen muss Punkt was dies bedeutet, das kann man nicht schildern. Mit toll, Schmiergelder und Aufenthalt in Rio kommt die ganze Angelegenheit auf ein Risiko hinaus, welches wir uns sparen können Punkt gewiss hast Du Recht! Mit einem Auto hat man mehr vom Leben. Doch ich war so lange ein Gegner und ich sage mit Dir: “Wenn wir hier einmal alles klar übersehen, so wird das auch einmal zu der Ausführung dieses Vorhabens kommen, so Gott will.”

Meine Absicht ist es, dass Ihr die Reise nach hier nur mit den notwendigsten Gepäck durchführen könnt, denn der Transport zum Schiff und der Weg von Rio bis Monlevade ist soweit, dass das Notwendigste gerade genug Ballast ist. hierzu kommt, das vom Hafen in Rio bis zum Depôt der Gesellschaft, Marder die Kisten auf brauchbares Material untersucht haben und der Verlust dann festgestellt wurde, wenn die Geprellten sich errichteten. Vorsicht! Yale Schlösser mit festen Bandagen um die Kisten.

Liebe Elly! so wenig wie möglich einpacken. Die Geräte nicht umändern. Wir haben 220 und 180 V. Strom. Wir werden die Spannung nehmen, welche passt oder Transformator verschollen, wenn notwendig.

Viele Fragen stellst du mir, liebe Elly, doch muss ich Dir leider zur Antwort geben, das weiss ich selbst nicht. Du kennst doch meinen Finanzminister und der ist doch abwesend. Wie soll ich denn fertig werden, wenn ich mich auch noch mit solchen Dingen befassen soll. Nein! Liebe Elly, mache Dir keine Sorge. Hier geht alles

Auf Bons. Die Gesellschaft soll alles finanzielle hier erledigen, bist du als Finanzminister die ganze Frage lösen kannst und mir Entlastung erteilst.

In Deinem letzten schreiben singst du [...]ollieder ,welche ich nicht anerkenne. Kleinigkeiten, welche hier nicht einmal beachtet werden, da alles in einer Selbstverständlichkeit hingenommen wird, eine Tatsache über die Herr Engel und ich wir uns nicht wundern, denn die Schule der ARBED hat hier niemand mitgemacht und auf viele Jahre hinaus wird jeder Ehrgeiz hier platt getreten oder in Bohnen gelenkt zum Spekulieren. So eine Interesselosigkeit habe ich noch an keiner Ecke begegnet, ob dies das Klima bewirkt?

Alles dies kann mich jedoch nicht beeinflussen, doch der Weg wird dadurch nur etwas holperiger.

Ich schliesse nun für heute liebe Elly, doch da fällt mir eben die Angelegenheit des Foto-Apparates ein. Roby war gewiss verdriesslich über meine Anwendung Devisen zu sparen. Der Wunschtraum in Besitz eines Fotoapparates zu sein, beim Antritt der grossen Reise, ist mir jedoch versteh verständlich. Bitte, lieber Roby, tue deinen Gefühlen keinen Zwang an. Kaufe dir einen Foto-Kasten und wenn es eine Leika sein soll.

Noch einen Kuss für meine Elly und Bomi, Roby. Bis Sonntag früh nach dem Kirchgang werde ich wieder einige Zeilen schreiben.

Alles Gute wünscht

Emile

P.S.  schönen Gruss an Marga