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Monlevade, den 12. Oktober 1954

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Liebe Elly! Bomi und Roby!

Besten Dank für den Brief Nr 23, sowie Schreiben von Roby.

Lieber Roby! Am 28. Oktober feierst du Geburtstag und ich sende Dir hiermit meine besten Wünsche zu deinem 18 Wiegenfest. möge dieses Jahr, wenn es auch das schwerste Studienjahr sein wird, dir nicht zu schwer werden und dich, sowie uns alle bei guter Gesundheit erhalten. Wenn ich auch keinen grossen Wunsch erfüllen kann, so habe ich versucht mit einigen brasilianischen Zigaretten dir eine Freude zu bereiten.

Liebe Elly! Dein Traum hat sich bis jetzt nicht erfüllt. einen Regenschirm habe ich mir wohl gekauft, doch von Regen keine Spur. Wir sind wieder am Ende mit unserem Latein. Heute kam von der ACESITA Anweisung auf Stromeinsparung und die Folge davon, das Trauerspiel beginnt von vorne. Hier muss man Nerven haben, wie Stahl. Lieber würde ich Stahlwalzen, doch was nicht ist, kann noch werden. Vielleicht denkt Christus auch einmal an uns. Der Strom in den Häusern ist jetzt von 7 Uhr bis 10 Uhr und von 12 Uhr bis 17 Uhr abgeschaltet und das kann eine Kocherei werden, denn mit wenigen Ausnahmen, sogar in den Casinos wird mit Strom gekocht. Heute ist es wieder sehr heiss, vielleicht kommt doch noch ein Gewitter!!

Nun noch zu deiner Beruhigung möchte ich vorerst nicht versäumen dir mitzuteilen, dass mit meinem Bein, wieder alles in bester Ordnung ist. Ich kann wieder laufen wie ein Hase, doch mit der Feder(?) geht es schlecht, da die Aufregung mir in den Gliedern sitzt. 

In Deinem Brief erwähnst du etwas von einem Fall, welcher Ursache meines Beinleiden sein soll und dass ich nichts davon geschrieben hätte. Hier sieht man doch wieder, wie klein doch die Welt ist. Eine Angelegenheit, welcher keine Bedeutung beizumessen ist, da ich dieselbe doch bestimmt mitgeteilt hätte, führt zu Beunruhigung. Doch hier der wahre Sachverhalt.

Paulo Gonzaga und ich, wir haben ein Fahrrad in der Piscine ausprobiert und da der Weg um die Becken mit Steinen belegt ist und zwischen den Steinen der Rasen hochgewachsen, rutschte das Vorderrad ab und ich machte einen Sturz. Mein Tempo war gemässigt und Alkohol hatte ich wenig genossen. ich bin in Hostenbach 2 sogar 3 x mit dem Rad gestürzt. Mein Vater ist mit dem rad im Merscher Berg gestürzt und wurde bewusstlos aufgehoben. Hier in Monlevade sind schon welche vom Pferd gestürzt und bewusstlos abtransportiert worden. Andere sind hier mit Motorrad und Jeep verunglückt. Der Sturz erfolgte zwei Tage vor dem Eintreffen von Herrn Konsbruck und mit ein paar Schrammen war der ganze Fall erledigt. Wenn Herr Dumont nichts Besseres geschehen von hier zum Besten geben konnte, dann tut es mir leid und es wäre besser gewesen, er wäre von Hostenbach ferngeblieben. Vom Bier versteht da auch nichts. Ich wollte ich wäre bei Euch und könnte ein Paar

Becker h[...] extra verdrücken. Das Bier hier ist zurzeit so schlecht, dass man keinen Schluck herunterbringt, schmeckt wie Karbol-Wasser.

Zur Zeit trinke ich sehr wenig und dann mit Agua tonica mit Chinni(?) oder Coca-Cola mit Mineral-Wasser verdünnt.

Agua tonica oder Guarana sind die Getränke für Kinder.

Liebe Elly! Mache dir nur keine Sorgen, wo keine sind. Ich fühle mich sehr munter, auch bin ich froh, das Dein Bein auch zu ist, denn es ist nichts verdriesslicher, wie solch eine schwache Stelle, welche nicht zu ist, besonders hier bei der Temperatur.

Stups und Bier zur geringe erläutert.

Wintersachen! Jede Brasilianerin ist stolz auf eine Pelz-Cape oder Pelz-Mantel.

Adresse von Herrn Reimen brauchst Du nicht. Liebe Elly! Ich habe jetzt drei Strümpfe und in Belo gibt es welche zu kaufen. Bringe die Strümpfe selbst mit. Ich bitte niemand verpflichten.

Hochschule später. Auto-Kauf kommt nicht in Frage. [...] zwar muss zuerst in Europa lernen. Reise nach hier kann nur erfolgen, wenn Praxis vorhanden. Das Kapitel Liebe möchte ich nicht anschneiden.

Möbel: Herd und Möbel werden nach dem 15. bestellt. Äpfel gibt es auch in Brasilien. Teuer, doch sehr gut. Kristall und Porzellan nicht mitbringen, da zu gefährlich. Anschaffung erfolgt hier. Eine Familie hatte von sämtlichen Artikeln bei Ankunft nur noch drei ganze Gläser.

In Brasilien wird der Europäer sehr kritisch beurteilt, besonders in Monlevade. Später hierüber mündlich.

Hinzu kommt Ansteckungsgefahr. Das Experiment

Jagnes(?) unter uns gesagt, wäre viel Spekulation. Hier werden nur Männer mit guten Kenntnissen und Charakter benötigt, leichte Vögel gehen ein.

Flüssigkeit, dann, wenn die Gesellschaft dies verlangt und dann immer mit Mass.

Hemden! Lange Arme, da dieselben aufgeräumt werden. Bitte keine Hemden machen, da ich für 6 Jahre eingedeckt bin. Strümpfe wasche ich selbst. bis jetzt zwei Paar in Gebrauch und noch kein Loch in einem Strumpf.

Damen. Wie zu Hause. Brasilianerinnen meist schlank. Eine Französin wollte schlank werden und hat 14 Tage nichts gegessen. Schwer krank, behielt nicht mehr ein Magen. Blödes Hinkel! Einziges Mittel f. D. H. und das befolge ich. Bitte mach keine Dummheiten. Liebe Elly! solche Experimente macht man nicht. Die Dame sieht aus wie eine alte Frau.

Doch jetzt möchte ich schliessen und zwar schäme ich mich wegen diesem Gekritzel.

Es war so vieles, welches ich zu Papier brachte, welche mir widerstreffe(?) nur dann bin ich auf gepeitscht. Noch viele Küsse von deinem Buch. Zum Geburtstag wünsche ich dass Ihr euch ein paar Becker zu Gemüte führt!

Kuss für Bomi und Roby.

Herzlichen Gruss aus der Ferne von 

Eurem Emile

P.S. Besten Dank für den schönen Gruss von mager, welchen ich hiermit wiedergebe.