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Monlevade, den 5. November 1954

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Liebe Elly, Bomi und Roby,

Brief Nr 27 mit Schreiben von Roby heute eingegangen. Liebe Elly! Ich freue mich nicht nur auf diese Schreiben, sondern besonders über die Reise nach Luxemburg. Ihr habt mich also beide, du liebe Elly und du lieber Roby am Grabe der Eltern vertreten und das war sehr schön und ich danke recht herzlich für Briefe und diese besondere Mitteilung.

Robby hat sich riesig gefreut über alle Kleinigkeiten mit denen er bei seinem 18 Geburtstage bedacht wurde und darüber muss ich mich besonders freuen. Lieber Roby, dein Brief ist sehr nett und solange man Freude auffindet an kleinen Aufmerksamkeiten ist alles in Ordnung. Bei uns zu Hause gab es nur ein einziges Fest und das erst dann, als wir schon fest im Leben standen, dies war der Namenstag unserer Mutter genannt Ketty, doch am Fest der Mutter Gottes gefeiert. Viele Jahre flossen vorüber und nur selten wurde an irgend einen Geburts- oder Namenstag gedacht, nur dann und wann erinnerte sich meine Mutter an einen oder den anderen Tag, dann wurde kurz ein Glückwunsch ausgesprochen und der Alltag ging weiter mit Arbeit und sorgen.

Deine Mutter hat all diese Freude herbei gezaubert und wenn es je nach Stand der Finanzen kleine Aufmerksamkeiten waren, so waren alle diese Tage doch Juwele in unserem Leben. Gerade die Tatsache

Kleinen Gaben Freude zu finden strahlt richtige Freude aus. Wir sind keine Kapitalisten und unsere Geschenke klein, doch mit viel Liebe erfüllt und das ist richtig, denn wenn es im Leben einmal dünne zugeht, dann soll man mit beiden Füssen fest auf dem Boden stehen und sich nicht unterkriegen lassen.

Am 19. dieses Monats feiern nun Bomi und deine Mutter Namenstag. Bitte lieber Roby, vertrete mich. Meine Wünsche sind mit Liebe gespritzt bereits unterwegs, besorge Du bitte die Blumen dazu und sage deine und meine Glückwünsche vor.

Liebe Elly!

Bis jetzt hat es hier in Monlevade noch nicht geregnet ausser den beiden kleinen Gewitterregen, also warten wir weiter. Nach Belo Horizonte war ich auch noch nicht. Vielleicht gelingt diese Reise zum 15. November. Herr Scharlé wird am 27 November 25 Dienstjahre hier in Brasilien mit einer kleinen Feier begehen. Im Laufe der kommenden Woche wird festgelegt wo und wie dieses Fest steigen soll, doch gleich wie, mache dir keine Sorgen um mich, denn ich werde schön fest an Deine guten Ratschläge denken und den Moment, auf englische Art zu verschwinden, nicht verpassen.

Fortsetzung am 11. November.

Liebe Elly! Herzlichen Dank für die beiden Gummistrümpfe, Medikamente und Zigaretten. Ich traf am Samstagabend Familie Reimen im Klub. Das erste Wort von Frau Reimen bei der Begrüssung war: “Mei Mann huet eng Bos fir Dech. Du hust eng flott Fra.” Ich höre später von Herrn Reimen, dass die Überfahrt auf der Florida ganz schrecklich war. Die Florida war durch Ausfall der Provence mit Passagieren überfüllt

Dazu kommt, dass es sich hier um ein altes Schiff handelt, welches längst verschrottet sein müsste. Von der Besatzung hatte 100% und von den Passagieren 80 % “la Crasstrassitée” und wenig brauchbare WC.

Hier in Monlevade ist es zur Zeit genau so. wir haben WC genug, doch viele Leute klagen. Mich hat dieser Mikrob jedoch noch nicht belästigt, im Gegenteil, ich muss bei dieser Hitze schwer nachhelfen. Sie haben gestern 38 Grad im Schatten gehabt. Keine Spur Regen. Alles wartet auf die Regenperiode, welche nicht kommen will.

Dieser Brief sollte eine Antwort auf Nr 25 werden. Es ist nur nicht so weit gekommen, also muss sich dies später nachholen.

Noch einmal herzlichen Dank für die Strümpfe. Ich habe einen sofort angezogen und der sitzt, wie gegossen. Mit den Zigaretten habe ich Freude gehabt und manche eine Freude bereitet. Gruss an die Heimat. Reimen ist eine sympathische Seele, doch Frau Reimen spricht etwas viel. Die Sache mit dem Kuss hat mir riesigen Spass gemacht und ich verstehe Dein Handeln voll und ganz. Besten Dank. Hier an dieser Stelle sitzt auch ein dicker Kuss für Dich.

Viel Spass beim Namenstag und 

Alles Gute

Gruss und Kuss für Bomi und Roby

Emile