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Monlevade, den 5. Januar 1955

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Liebe Elly! Liebe Bomi! Lieber Roby!

Die Feiertage sind vorbei, doch die Inventur noch nicht. Morgen ist Inventurabschluss, d.h. wenn man dies überhaupt eine Inventur nennen kann. Wenn unsere Kommissare von Luxemburg die Kontrolle hier machen würden, dann würde wohl kaum eine Aufnahme gutgeheissen. im Walzwerk wird es in diesem Jahre sehr viel Arbeit geben in allen Abteilungen, mit Ausnahme des rühren Werkes, Ordnung zu schaffen, damit die Vorarbeiten für Inventur geleistet sind. Zuerst muss man vor seiner eigenen Türe fegen, bevor man an anderen Türen Kritik ausüben will.

Feste feiern! Über mein Weihnachtsfest habe ich berichtet, doch entweder das schlechte Wetter, oder die unheimlich viele Korrespondenz haben die Abwicklung eines normalen Postverkehres verhindert. Meine Weihnachtswünsche mit Geschenk sollten rechtzeitig ankommen, doch wahrscheinlich ging alles daneben. Nur dein Weihnachtsbaum und Brief Nr 34 kamen rechtzeitig an. Brief Nr 34 landete am 23. December. Brief Nr 35 am 4.I. und Nr.36 am 5.I.

 Es tut mir ja leid, dass meine Sendungen wahrscheinlich nicht nach Hostenbach kommen, doch gegen meine Planung. alles war richtig ausgeknobelt, doch was Schuld an dem Misserfolg ist, das kann ich noch nicht sagen. Wetter oder unehrliche Menschen.

Ich hätte schon früher geschrieben, doch ich lauerte auf die Mitteilung, dass die Päckchen von Paris, welche Herr Speller mitgenommen hat, dass diese meine Andenken gut angekommen sind.

Liebe Elly! mit Deinem Brief vom 26 Dezember habe ich nun diese Hoffnung aufgegeben und diese Freude war mir demnach nicht gegönnt. Schwamm drüber. Es hat nicht sollen sein. Ich werde dasselbe Geschenk dann eben noch einmal kaufen bei Eurer Ankunft in Rio und um mich zu revangieren schöner, wie das hier in Monlevade erstandene. Das Einsegeren wird dann in Brasilien und nicht in Hostenbach erfolgen müssen.

Schluss davon, damit ich mich nicht noch ärgere. Vorgestern war ich in dem Heim, was ich am herrichten bin für die Ankunft in Brasilien. Es hat ziemlich toll ausgesehen. Wir Europäer sind gewohnt eine Wohnung nach dem Umzug so anständig wie möglich zu hinterlassen. Hier ist dies anscheinend nicht der Fall, doch man darf sich nicht ärgern und vor allem nicht sagen, denn wir sind ja “Gringos”, doch dir liebe Elly sage ich's: “So viel Dreck, im Haus und um das Haus, das hätten wir nicht liegen lassen.” Jeder Haushalt hat beim Umzug allerhand angesammeltes Zeug, welches zurückgelassen wird, doch hier gibt es Möglichkeiten dies zu vernichten, sofern man dies nicht zu einem anderen Zwecke verwertbar machen kann. Schon wieder Schwamm drüber!

Das Jahr ist abgeschlossen. Wir haben 127 247 Tonnen erzielt im Vorjahr waren es 128 565 Tonnen. Mein Ziel war 130000 Tonnen doch wir hatten das trockenste Jahr, was Brasilien

Je gekannt hat und schon beginnt ein neues Jahr. Wir wollen Gott bitten, dass er uns noch lange Jahre Gesundheit schenkt. Mir persönlich geht es gut. Mein Bein macht mir keinen Kummer mehr. Im Gegenteil muss ich schon sagen, so gut zu Fuss war ich schon lange nicht mehr und ich schreibe dies in der Hauptsache dem Gummistrumpf von Dr Scholl zu. Beide Strümpfe leisteten mir schon grosse Dienste. Deinen guten Ratschlag Mittags etwas zu ruhen, befolge ich schon seit ich hier in Brasilien bin.Jeden Mittag schlafe ich 1 bis 1 1/2 Stunden. Hier kann ich mich auch ausziehen und ins Bett legen, allerdings dann Abends in den Segen vom Mittag. Die drei Weihnachtstage war es hier sehr, sehr warm, doch dann setzt er etwas Regen ein und der Himmel war tagsüber ziemlich bedeckt, so dass bis zum heutigen Tag die Temperatur sogar angenehm war.

In Burbach scheint Herr Dondelinger bei der Gratifikation ja noch an mich gedacht zu haben. Ein kleiner Trost, wenn man bedenkt, dass der Cr 78, 50/Dollar steht Punkt ich bin gespannt, was im Januar in dieser Angelegenheit entschieden wird. Ein zusätzliches Monatsgehalt wegen Verteuerung wurde im vergangenen Jahre bereits an alle Beamten ausgezahlt.

Meine Überzeugung ist es, dass wir hier in Monlevade einen Wagen haben sollten. Das Volkswagenwerk hat also gegenüber den sparen 1:0 gewonnen. der Prozess wird natürlich weitergehen, doch auf das Urteil der höchsten Instanz können wir natürlich nicht warten. Kaufe einen Wagen und wenn es ein alter Klepper ist. Es sind zur Einfuhr eines

Wagen jedoch allerhand Bedingungen zu erfüllen. Als erste Bedingung. Man muss wenigstens sechs Monate Eigentümer des Vehikels sein.

Als zweite Bedingungen. Der Besitzer muss den Wagen bedienen können.

Weitere Vorschriften kenne ich noch nicht.

Was die Geräte betrifft 110 Volt und 220 Volt, so mache dir deshalb keine Sorgen. Beide Spannungen sind zu haben, da der Transformator in nächster Nähe unserer zukünftigen Behausung liegt. Kein neues Radio kaufen, bitte. Wir werden einen “Pie up” kaufen und zwar hier in Brasilien und uns nach und nach Platten mit schöner Musik besorgen. Unserradio hat einen Lautsprecher, welcher prima ist, für solche Wiedergabe.

Liebe Elly! Dies wäre alles für heute.

Bitte lasse nicht alles Geld auf der ARBED denn sonst denken die Herrschaften, Ihr würdet von der Luft Leben und ich hatte doch gesagt, dass wir kein Geld hätten und das stimmt auch.

Deine beiden Briefe waren sehr nett. Ich danke auch für alle Neujahrsgrüsse, doch bitte sage mir noch, ob Roby beim Ergebnis des Weihnachtszeugnisses gut abgeschnitten hat?

Ich schliesse für heute mit der etwas gedrückten Stimmung, den Dein heutiger Brief hinterlassen hat und gebe die Hoffnung nicht auf, dass in den Tagen nach dem 26. Dezember doch noch eine andere Wendung und andere Stimmung aufgekommen sein könnte.

Einen dicken Kuss für Dich liebe Elly und ich habe dasselbe auch noch für Bomi und Roby.

Emile