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Monlevade, den 28. März 1955

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Liebe Elly! Liebe Bomi! Lieber Roby!

Heute erhielt ich Deinen, Bomi’s und Roby’s Brief. Recht herzlichen Dank auch für die Aufnahme.

 Am Frühlingsanfang, hier Herbstbeginn hatte ich zuletzt geschrieben und dennoch sind schon wieder sieben Tage, eine Woche übers Land hinweg. Eine Woche, welche viel versprechend begonnen hatte, doch ab Mittwoch kam die schwarze Katze. Drahtsstr. Z. Kont. Ölkühler Durch das schlechte Kühlwasser vollständig versandet. Rev. Str. Achsenbruch am Getriebe eines Trio 5.2 Walzen Brüche 350er Strasse bei <) u.s.w.

 wirklich schwarze Tage und es scheint noch nicht zu Ende. Heute Williamsofen ausser Betrieb, die acht Meter langen plattenklettern über einander, lassen sich nicht drücken.

 Zu Hause gibt es noch am 9.10 März Schnee, doch nehme ich an, dass der Frühling seinen Einzug jetzt gehalten hat und für Hubert und Cleo’s Kreise das richtige Osterwetter vorhanden ist.

 Mit diesem Schreiben sende ich auch meine besten Ostergrüsse und Osterwünsche für Dich, liebe Elly, Bomi und Roby, dann auch für Cleo und Hubert.

Wenn die Hostenbacher neuen Glocken den Ostersonntag einläuten, dann Weile ich in Gedanken bei euch. Bitte auch mein Ostergruss für Marder ausrichten. Zu Hause beginnt jetzt wieder die schönere Periode des Jahres, wenn bald die Bäume blühen und die ersten Blumen sich zeigen.  Bitte dies genau verfolgen, denn

So etwas kann Brasilien nicht bieten.

Nun möchte ich noch verschiedene Fragen der Briefe Nummer 49 und 50 beantworten:

Brasilien hat kein Brennmaterial? Holz!

Viele Familien kochen hier nicht mit Strom, sondern auf Holzfeuer, genauso wird auch die Wäsche gekocht. “Waschen” macht die brasilianische Maid jedoch ungerne. Alle Hausarbeiten, doch der Waschtag ist ein Greuel. Zur Zeit ist ein grosses Klagen in Monlevade, da viele Haushalterungen ohne Hilfe sind und dies reicht schon so weit, dass die Hausangestellte von einer Familie zur anderen wechselt, nur aus dem Gedanken, in der anderen Familie ist das besser.

Familie Loutsch hat zur Zeit keine Hilfe, alles ausgepickt. Monlevade ist gross geworden und unter brasilianischer Sonne ist das Arbeiten halt so eine Sache.

Waschkessel ohne Feuerung. Am einfachsten wäre allerdings eine Waschmaschine und das letztere will ich mir einmal reiflich überlegen.

Armenio ist wieder eingetrudelt. Stahlwerksassistent. Die Kur scheint geholfen zu haben! 

Das Stahlwerk liefert die “Gute Hoffnungs-Hütte”

Ott(?) ist durch Sturz in einer Treppe an der neuen Feinstr. tödlich verunglückt. Kann nur der r. Ofenmauer der früheren Drahtstr. sein. 55 Jahre, denn der Vorarbeiter Ott ist wahrscheinlich noch nicht so alt. Einladungen! Gäste! Das Zeug werden wir uns auch anschaffen müssen.

Ich bewundere deinen Mut, von wegen dem Umzug, doch liebe Elly! Stelle dir dies nicht so einfach vor. Das Herz wird noch in die Schuhe fallen, denn

So einfach ist dies nicht. Allein das Auspacken der Kisten in Rio im Zoll, das ist schon entsetzlich. Wenn ich jetzt das Einpacken, Verfrachten etc. dazu nehme, so wird mir schwach.

Am einfachsten ist so reisen, wie ich die ausführte. “Handgepäck”, Aber auch nicht viel mehr. Ich warte die Liste ab und dann wird entschieden.

Stossofen Hostenbach! Steinbach sagt 100 Tonnen d.h. Schichtleistung an der Ger I den Rest kannst Du Dir aus dem Brief von Herrn Petit herausbuchstabieren.

Besten Dank für die Grüsse von Herrn Steinbach.

“Röchling(?) Werke”. Ein trauriges Kapitel, wie überhaupt alles, was mit “Sequestre” zusammenhängt.

Die beiden Veteranen Ratters und Hunsicker der B.H. sind gestorben. Beide haben noch die Zeiten mitgemacht, wo am Jahresabschluss im Ludwigspark in Uniform mit Federbusch Hut und Säbel getagt wurde. Die damaligen Holzbuden brachten Gewinne in purem Gold und wenn 1927 nicht umgebaut worden wäre, dann wüsste heute niemand mehr wo die B.H. gestanden hat. So ist das Leben!

Nur noch drei Tage ohne diesen Montag und ein neuer Monat geht zu Ende. Wir werden an der Blockstr (3 Sch.) etwas über 15000 To Halbzeug gewalzt haben und die Ferrigswassen über 11500 To. Mit den Ferrigwassen war es wieder ein Schlag ins Wasser und so tröste ich mich mit dem Gedanken: “Im Monat April geht es vielleicht besser.”

 Der Regen ist vorbei und somit gab es für Monlevade wieder ein trockenes Jahr, Doch leichter durchzustehen, da die Stromanschlüsse mit H. Carvslho bestehen.

Hoffentlich bleibt die Belieferung auch in dem Masse bestehen, damit die CSBM [Belgo Mineira] nicht wieder zum Skat-Klub degradiert.

Zur Zeit steht die CSBM [Belgo Mineira] schlecht bei Zaster. Viele Kunden haben wohl Ware bezogen, doch fehlt das an flüssigem Geld und die Banken Räumen keine Kredite mehr ein. Begonnene Bauvorhaben können weiter geführt werden, doch für Neuprojekte fehlt Kapital, denn ohne Hilfe der Banken ist alles aus.

Die Verkaufspreise sind mächtig gefallen, was auch seine Ursache in starken Importen im Baueisen haben kann. Flaute im Bauwesen und diese Importe bewirkten, dass viele kleine Unternehmen still stehen und die CSBM [Belgo Mineira] muss den Daumen feste drauf halten. Einkäufe auf das dringend notwendige beschränken und Produkte herstellen, welche der Markt noch aufnimmt. Wie lange dies dauert, weiss ich nicht und wer hätte das im Traume gedacht, da man nur noch vor sechs Monaten erzählt hat: “Monlevade kann alles walzen, sogar der Schrott wird gekauft.” “Quatsch.”

Die CSBM [Belgo Mineira] Hat Roheisen-Massel zu Bergen hier in Monlevade gestapelt und im Walde liegen für drei Jahre Holzkohlen. Da steckt das flüssige Geld, doch es ist nicht an mir zu beurteilen, ob der Karin richtig läuft, das wird Herr Präsident Felix Chomé im Mai beurteilen. (Intern).

Liebe Elly! ich schliesse für heute meine mitteilungen. Viel Persönliches habe ich nicht zu Papier bringen können, da der Alltag nichts Besonderes brachte. Dass meine Gedanken jedoch steht bei Dir weilen, das kannst Du Dir denken. Ich freue mich, dass Bomi wieder bei guter Gesundheit ist. Ruby scheint ja auch guter Dinge und “schéin” möchte ich für heute schliessen, indem ich diesem Schreiben noch einen dicken Kuss aufdrücke

[Kussmund gezeichnet] ist etwas nass ausgefallen

Kuss für Bomi und Roby

Emile