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Monlevade, den 21. Juni 1955

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Liebe Elly! Liebe Bomi! Lieber Roby!

Noch zwei Tage und dann beginnt das Examen! Ich halte beide Daumen und wünsche Roby Erfolg. Heute sind die Anforderungen an die Jugend sehr groß, denn die Zahl der Studierenden ist ins Unheimliche gewachsen. Hoffen wir also das Beste.

Diesen Brief wollte ich am Sonntag geschrieben haben, doch dieser Tag war mit Arbeit ausgefüllt. Um 6:30 Uhr klopfte es an die Tür und Herr Herriges brachte mir die Mitteilung, dass ab 4:40 Uhr an der II. Staffel der Drahtstr. ein Brand ausgebrochen war, dass das Feuer bis 5 Uhr dauerte, doch welchen Schaden wir zu verzeichnen hätten, dies wäre noch nicht zu übersehen. Das Feuer war gelöscht, also drängte es mich nicht, sofort zum Werk zu gehen. Nach einem Bad, Frühstück, pilgerte ich zuerst zur Kirche und dann zum Brandort.

Ich hätte es für unmöglich gehalten, dass ausgerechnet an der drahtstraße ein Brand entstehen könnte, denn ich war immer der Ansicht hier ist nichts brennbares. Doch hier in Monlevade ist alles möglich. Die Brandursache war folgende: ein Stabversager im dritten Gerüst der II. Staffel viel auf die schmierleitung der Kammwalzen. der Kran sollte den Schrott Fort schaffen, zog an dem Stab und schon war die Leitung, welche unter zwei Atmosphären Druck steht gebrochen. Das ausspritzende Öl fing sofort Feuer und eine Stichflamme, welche bis unter die Betonkübel der Halle Schling brannte munter während 15 Minuten.

Alles Lebende verschwand nach allen Richtungen. Es waren welche bis zur Fazenda gelaufen. Die Fensterscheiben am Dachfirst knallten und schmolzen sogar teilweise. Die mit Teer und Dachpappe belegte Halle brannte und da Beton keine Hitze verträgt, so ist der Schaden an der Betonkübel ziemlich erheblich und es ist noch nicht sicher, ob ein Bogen neu gemacht werden muss. Getriebe- und Kammwalzenlager hatten jedoch nicht gelitten, es war lediglich ein Lager etwas angeschmolzen, doch das Weißmetall war sonst unbeschädigt. Wir muss nachsehen und so konnten wir Montag erst gegen ½ 10 mit der Frühschicht beginnen.

Ein Glück noch dass der Tank mit 8000 Liter Schmieröl nicht explodiert ist und Feuer fing, denn dann war es aus. Dennoch sind ca 8 Fass Öl verbrannt.

Das war mein Samstagsvergnügen und heute abend steckt mir die Müdigkeit noch schwer in den Knochen. Hier muss man sich jede Tonne zusammenstehlen. Die ganze Woche waren wir in der Galvanisieranlage am studieren. Die Pfanne mit 120 To Zink wird nicht waren und die Ausbeute an Rohren für den Verkauf wird in diesem Monat miserabel, dabei braucht doch die B.M. [Belgo Minieira] das Geld so dringend.

Liebe Elly! Du siehst, dass auch hier die Sorgen nicht fehlen und leicht ist es nicht. Wenn Du als Schutzengel einmal hier bist, dann hoffe ich, wird die Wendung kommen.

 Jetzt bleibt nur noch etwas vom Wetter zu erzählen. Morgens kühl! Mittags heiß bis abends nach 6 Uhr. d.h. Pullover bis 10 Uhr, dann ohne bis Abends.

 Die Witterung ist zur Zeit sehr angenehm und dabei


 

Geht es auf den Winter zu. Ich fühle mich gesund und munter. In meinem letzten Brief wollte ich noch ein Mittel für Motten und deren Larven angeben, doch leider habe ich bis jetzt die Reklame nicht wiedergefunden.

Am Samstag bekam ich einen Brief von René Wagner. Er schreibt:

Préalablement etc. Ich füge das Schreiben (Anschrift) bei und werde das gewünschte so schnell wie möglich besorgen. Außerdem musste ich damals folgende Papiere haben

1) Pass

2) Certificat de bonne vie et moeurs (Wadgasser Polizei)

3) Casier judiciaire. Hinter dem großherzoglichen Palast in der Nähe vom Fischmarkt. Ich glaube es ist das Gericht.

10) Acte de naissance. (Gegenüber der Kathedrale, daselbst auch Acte d’Etat civil.)

Wegen Certificat de bonne vie et moeurs, war ich auch auf einem Polizeirevier in der Arsenalstraße, Verlängerung der Großstraße, Richtung Park, Mitte dieses Blogs rechts, bevor Du zum Park kommst.

Bun(?): Was die medizinische Untersuchung betrifft, so soll Herr Schmit die Angelegenheit kurz machen. bitte nur Attest, Impfung wird notwendig sein, doch der ganze andere Kram möchte Dr. Schmit sich sparen, denn ich sehe die Quälerei nicht ein. Radiographie. Ja!

Dokumente, welche legalisiert werden müssen, das soll Herr R. Wagner besorgen.

Liebe Elly! Dieser Formalitätenkram, das ist entsetzlich. Allein deshalb schon bedauert mich der Entschluss, dass ich ausgewandert bin und mir ist es peinlich, dass Ihr jetzt diesen Kram auch über Euch ergehen lassen müsst.


 

Wenn ich Brief Nummer 61 lese. Fahrt nach Echternach, Springprozession. Vianden etc. das alles habe ich noch nicht gesehen. Ich beneide Dich nicht um diese schöne Fahrt, nein es hat mir richtige Freude bereitet, dass Du mit Onkel Hubert und Tante Cleo, so wie Frau Frisch, dass Ihr diese herrliche Moselfahrt machen konntet.

Für heute möchte ich nun schließen, denn ich bin redlich müde. In diesen Tagen werden meine Gedanken noch mehr wie sonst zu Hause bei Euch weilen. Es werden schwere Tage für Dich sein, liebe Elly! Doch wir wollen mit Zuversicht in die Zukunft sehen und Gott bitten, dass Er uns seine Hilfe nicht versagt.

Ich wünsche Roby alles Gute und zu dem, was ich in einem vorhergehenden Briefe geschrieben, habe ich nichts mehr zuzufügen. Wir werden das annehmen, was Gott für uns bestimmt.

Liebe Elly! diese kritischen Momente habe ich im Leben oft mitgemacht. Vielleicht kannst Du Dir auch hier über einen klaren Begriff machen, denn auch Du hast öfters dieses Fieber mitgemacht.

Alle freien Berufe kennen dies nicht und wenn man so Umschau hält, dann kann man sich nur wundern. es gibt auch Leute, welche leichter über alles hinwegkommen.

Liebe Elly! Noch einen dicken Kuss für Dich, Bomi und diesmal besonders für Roby!

Emile

RW/ML

Voy. mar. - Personnel

(Nom adresse)

Cher Monsieur Demuth,

Préalablement à l'accomplissement des autres formalités requises à l'occasion du départ, pour le Brésil, de Madame Demuth et Madame Massion, le consulat général du Brésil à Paris demande que nous sollicitons de votre part:

  1.  L'envoi de la photocopie de la “Carteira ig.a” dont vous êtes porteur.
  2.  l'envoi d'une lettre note Aurier sur laquelle vous exposerez votre désire que les membres intéressés de votre famille vous rejoignent dans votre résidence brésilienne.

Je vous prie en conséquence, de bien vouloir nous faire parvenir, le plus tôt possible, ces demandes en double exemplaire.

Veuillez croire, cher Monsieur Demuth, à mes sentiments les meilleurs.

R. Wagner