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Monlevade, den 5. Juli 1955

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Liebe Elly! Liebe Bomi! Lieber Roby!


Am Freitag war also der traurige Weg nach Siderurgica zur Beerdigung unseres Obermeisters der Drahtstraße Herrn Jean Zoller. Auf der Nachtschicht von St- Pière also Mittwoch d.h. Donnerstags Morgens um 3:30 Uhr, da hat es den guten Zoller erwischt. Ein Stab Versager hinter der Fertigstraße ging aus der Umführung vom 20. auf das 21. Gemüt heraus und traf Zoller am rechten Nasenflügel und drang in den Kopf. Ohne Bewusstsein dauerte der Kampf mit dem Jensemann bis Donnerstag Abend 11:30 Uhr. eine Frau und drei Töchter 20, 18 und 12 Jahre hinterlässt der Verunglückte und wenig bares Geld oder Vermögen. Ich bin einmal gespannt, wie die B.M. [Belgo Mineira] sich bei diesem besonderen Fall zeigen wird.

In Brasilien besteht nun ein Gesetz, welches bestimmt, dass die Beerdigung noch am Freitag erfolgen musste. Wir fuhren also um 2 Uhr nach Siderurgica. Schlechte Straße! Alles andere später mündlich. Die Heimfahrt war sehr bitter. Staubwolken und Kälte.

Um 1:15 Uhr war ich wieder im Kasino, doch krank in der Seele und krank durch Kälte.

Am Samstag ging ich noch zur Hütte, doch wie. Sonntag 9 Uhr-Messe und dann schlafen. Von der ganzen Welt nichts mehr wissen.

Hier in Brasilien darf man nicht krank werden. Mit Zoller habe ich an der Drahtstraße eine tüchtige

Hilfe verloren, was sich auch bereits Samstag und heute ausgewirkt hat, doch hoffen wir dass die hierigen so viel gelernt haben, dass der Karren rund geht. Feinwassen besonders Drahtstrasse sind eine gefährliche Arbeitsstelle, doch ich hätte mir im Traume nicht vorgestellt, dass jemand so getroffen werden könnte und Zoller selbst hat am wenigsten damit gerechnet. Das Leben geht rund und ich darf den Kopf nicht hängen lassen.

Nach einem Sonntag Schlaf: Aspirin oder Aspro, Bygohedrine in die Nase, Pillen für Halsweh mit Schwitzkur und Ruhe, da geht es wieder besser und damit habe ich alle Medikamente aufgezählt, welche für mich infrage stehen. Für Bumi selbstverständlich noch Kamomillen, denn die gibt es hier nicht. Doch ich will einmal sehen, was sie Briefe 62 und 63 gebracht haben. Liebe Elly! zunächst herzlichen Dank für viele Nachrichten aus der Heimat. So manches davon ist auch traurig. Was mich jedoch am meisten spannend, das ist die Mitteilung, wie es Ruby im schriftlichen Examen gegangen hat und nur noch wenige Tage, dann soll bei Erfolg im schriftlichen das mündliche in Straßburg steigen.

Fragen: 1) Auf dem Lavoisier kann man waschen und bügeln lassen, doch ein Reisebügeleisen ist viel wert. 2) Ein Dutzend Passbilder genügt. 3) Bereits oben notiert 4) keine Unterwäsche besorgen, da genügend Vorrat und hier zu kaufen möglich.

Herr Engel hat sein brasilianisches Visa in Antwerpen bekommen. Geldmittel: wenn man auf Reisen geht, dann braucht man Geld. Du weißt ja ungefähr, was ich an Geld in Le Havre bei mir

Führte, dasselbe x 3 wird als summer in Frage kommen und die Adresse der

Cia Siderurgica Belgo-Mineira

Avenida Nilo Peçanha 26 - 3e

Rio de Janeiro

Übrigens füge ich diesem Schreiben einen Brief von Herrn Wester bei, mit der Bitte um Mitteilung, was ich dem Herrn schreiben soll?

Die Überweisungen scheinen etwas Arbeit zu machen oder soll sonst ein Grund vorliegen?

Auf alle Fälle hast Du gut getan die Bestände bei der ARBED etwas zu senken. Von einer Grati. in belg. Franken für meine Hostenbacher Tätigkeit 1954 hat niemand etwas hören noch sehen lassen.

Liebe Elly! Ich schließe nun für heute und wünsche alles Gute. In meinem Bett, da ist ein Magnet, welcher mich anzieht und dieser Magnet heißt “Schlaf”. Ich kann Gott sei Dank noch viel und gut schlafen und das ist eine gute Gabe Gottes. Hier vergisst man viele Sorgen und am anderen Morgen geht es wieder gestärkt in den Kessel. Nach 6 Monaten ist die Lage noch nicht so trostlos und ich hoffe, dass die letzten sechs Monate dieses Jahres nicht schlechter ausfallen, doch hier von wirst Du auch einen Teil miterleben und so wollen wir vertrauensvoll in die Zukunft schauen und Gott bitten, dass Er uns bei guter Gesundheit erhällt.

 Beim nächsten schreiben wird die Pechsträhne hoffentlich überwunden sein und mein Schriftstück etwas freudiger ausfallen. Doch bei dieser Mitteilung war dies leider noch nicht möglich. 

Einen dicken Kuss und alles Gute für Dich, Bomi und besonders Roby.

Emile

Auguste Wester

Ingenieur

 

Rio de Janeiro, le 28 juin 1955

 

Monsieur Emile Demuth

Ingénieur

Cia. Siderúrgica Belgo-Mineira

João Monlevade

Minas Gerais

 

Cher Monsieur Demuth,

Je m'empresse de vous remettre sous ce pli copie de ma lettre d'aujourd'hui à FINARBED, Luxembourg, concernant la remise, pour votre compte, d'un montant de

Frs. B. 20.000,00

qui sera porté à votre crédit chez FINARBED.

Pour votre gouverne, cette somme a été achetée au cours de 1 franc belge = Cr$ 1,46, suivant fiche ci-jointe de notre Courtier, et je me permettrai de vous faire débuter par la caisse de Belo Horizonte de Cr$ 29.200,00.

D'après les informations que je possède, Mme. Demuth devrait arriver ici en septembre prochain, et je vous saurais donc gré de bien vouloir me faire savoir jusqu'à quelle date je devrai encore effectuer des remises.

Recevez, cher Monsieur Demuth, l'expression de mes sentiments les meilleurs.

[Signé A. Wester]

Annexes: 2