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Belo Horizonte, Mittwoch, den 2. Juni 1954

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Liebe Elly, Bomi und Roby,

Mit meiner Stimme geht es wieder wie immer und mit meinem linken Bein ist es auch wesentlich besser geworden. Dies zur allgemeinen Beruhigung.

Wie Ihr seht, bin ich in Belo Horizonte gelandet. Die Fahrt nach hier wurde mit dem Flugzeug in 1St 20’ glatt hingelegt, während die Fahrt per Bahn zwischen 16 und 24 Stunden dauern kann.

Doch zunächst etwas von Rio, wo ich übrigens am Tag meiner Abfahrt auch Deinen grossen Brief, sowie die Zeilen zum Roby und Bomi bekommen habe.

Recht, recht herzlichen Dank liebe Elly, Roby und Bomi.

Herr Hayum hat mich am Schiff erwartet und mit dem weissen Zettel am Hut, hat auf dem Schiff schon jemand H Hayum am Quai gezeigt.

Nachdem unsere Papiere geprüft und die Fingerabdrücke von beiden Händen genommen waren konnten wir an Land.

Herr Hayum, welcher Dir liebe Elly schöne Grüsse bestellen, war ganz erstaunt, dass auch Familie Engel auf dem Schiff war.

Du siehst also liebe Elly, dass alles seinen normalen Gang läuft.

Sorge Dich nicht um mich und nach einem Jahre, hoffe ich mit Euch Ferien in Rio zu verbringen.

Zum Karten schreiben war ich nicht aufgelegt.

Wenn Humboldt Rio als die schönste Stadt der Welt bezeichnet, so hat er schlecht gekuckt und muss sich eine bessere Brille kaufen. die armseligen Kuben auf den Hügeln der Stadt neben den Wolkenkratzern hat er nicht gesehen.

Hier in dem Rassengemisch und den krassesten Gegensätze was Lebenslage betrifft, da muss man erst mit sich selbst fertig werden.

Du kennst meine Natur und so schnell kann ich nicht in den Himmel jauchzen. Mögen die Arme des Christus für Brasilien ewig dafür sorgen, dass diese krasseste Trennung zwischen Kapital und Elend keine Konflikte bringt.

Für heute schliesse ich und in zwei Tagen sind wir in Monlevade und dann erzähle ich weiter.

Euch dicken Kuss von Eurem Pappa, der nur an Euch denkt und immer bei Euch ist. Liebe Elli, und ja keine Träne nicht fallen lassen. Wir werden einen Teil unseres Lebens hier verbringen und werden nie bereuen.

Emile